Mit einem Podcast die Herzen neuer Leser erobern

Meine Gesprächspartnerin: Christina Tiedtke

 
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- Podcasts erleben im deutschsprachigen Raum gerade einen Boom. Was sind aus deiner Sicht die Gründe dafür?

Das Internet und Social Media haben uns in den letzten Jahren unheimlich viele Türen geöffnet. Wir kommen fast unbegrenzt an jede Art von Informationen und können uns mit wenig Aufwand mit dem, was uns wichtig ist, für die ganze Welt sichtbar machen.

Ich glaube, dass wir so langsam an den Punkt kommen, wo diese Faszination mit ihren vielen neuen Möglichkeiten auch negative Aspekte bekommt. Durch Social Media fühlen sich immer mehr Menschen regelrecht „überflutet“ von Informationen und man kann sich im Internet-Dschungel regelrecht „verirren“. Wir fangen wieder an, die bildschirmfreie Zeit zu schätzen und zu genießen.

Da kommen Podcasts grade richtig! Wir können interessante Inhalte konsumieren, ohne dafür vor einem Bildschirm sitzen zu müssen und brauchen nicht einmal Internetzugang. Wir können sie in unseren Alltag einbinden (beim Gassi gehen, kochen oder joggen) und empfinden dabei eine gewisse Leichtigkeit und Vertrautheit. Denn Podcast-Hörer sind treue Seelen. Stimme transportiert Emotionen und baut eine Beziehung zum Hörer auf. Das schafft in dieser Form kein anderes Medium.

- Wie viel Aufwand ist ein Podcast wirklich?

Ich denke, es kommt in erster Linie darauf an, wie viel Unterstützung man sich für sein Podcast-Projekt holen mag.

Die gute Nachricht ist: Es braucht wenig Equipment in Form von Hard- und Software. Einige Menschen haben jedoch den Anspruch, sich das technische Know-How von A-Z selber anzueignen und alles alleine zu machen. Das kann (je nach technischer Affinität und Qualität der Quellen) in eine regelrechte Odyssee ausarten.

Wenn man bereit ist, in entsprechende Unterstützung zu investieren, kann man unheimlich viel Zeit und Nerven sparen und einen richtig guten Podcast in nur einigen Tagen auf die Beine stellen.

- Welche Eigenschaften sollte man als Podcast-Produzent mitbringen?

Die wichtigsten Eigenschaften sind meiner Meinung nach die Begeisterung für das eigene Thema und vor allem der Spaß an dem Podcast als Medium. Denn unsere Stimme transportiert ungefiltert Energie in die Ohren unserer Hörer. Wenn diese nicht positiv ist, weil wir nicht wirklich Spaß dran haben, erreichen wir natürlich auch unsere Hörer nicht besonders überzeugend. Alles andere lässt sich üben.


Fast jeder findet es zu Beginn komisch, seine eigene Stimme zu hören. Das ist vollkommen normal und legt sich relativ schnell. Auch die anfänglichen „Äääähms“ und „Ööööhms“ sind reine Übungssache… ;-)

- In welche Ausrüstung und Programme sollte man investieren?

Da braucht es tatsächlich nicht so viel, wie die meisten anfänglich vermuten. Wichtig ist natürlich ein Aufnahme- und Schnittprogramm, welches man sogar kostenfrei bekommt.


Wer mit Apple arbeitet, hat mit „GarageBand“ bereits ein super Programm für seine Aufnahmen vorinstalliert. Für Windows und Linux empfehle ich den internationalen Platzhirsch „Audacity“. Dieser lässt sich kostenlos aus dem Internet herunterladen.

Die benötigte Hardware besteht im Grunde nur aus einem guten Mikro. Hier gibt es mittlerweile eine stattliche Auswahl für Podcaster. Ich empfehle hier auf jeden Fall auf ein USB-Mikro zurückzugreifen, um sich komplizierte Installationsprozesse zu ersparen. Da der Klang doch elementar wichtig für so einen Podcast ist, hier bitte nicht zu sparsam sein. Zwischen 100 und 200 EUR bekommt man aber schon etwas richtig Hochwertiges.

- Welche Inhalte sollte man planen?

Wie weit man seine Inhalte voraus plant, ist glaube ich eine Typfrage.

Wer grundsätzlich gerne plant und sehr strukturiert arbeitet, wird das mit seinem Podcast sicherlich ebenfalls so handhaben und die Themen immer einige Wochen vorausplanen. Aber auch den intuitiven, spontanen Podcastern rate ich, sich zumindest ein Portfolio an Themen zurecht zu legen, aus dem sie sich dann (gerne auch spontan) bedienen können. Denn wir alle haben kreative und nicht so kreative Tage. Nutzen wir also die, an denen es uns leichter fällt und die Themen nur so sprudeln und halten sie fest für die nicht so guten Tage.

Ich empfehle übrigens auch gerne, sich immer mindestens ein bis zwei „Notfallepisoden“ auf die Seite zu legen. Denn hier und da kommt uns auch gern mal das Leben dazwischen. Erkältung, Heiserkeit, Terminstress, etc… Da entspannt es ungemein, wenn man in solchen Fällen auf diese Episoden zurückgreifen kann.



- Wie lange sollte jede Episode sein?

Die klassische Podcast-Episode liegt in der Regel bei 10 bis 20 Minuten. Natürlich gibt es Ausnahmen (z.B. Interviews) und das Ganze ist nicht in Stein gemeißelt. Man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass den Podcast seine Kurzweiligkeit ausmacht. Eine ganze Episode passt meist wunderbar in den Weg zur Arbeit, die Gassirunde oder verkürzt die Zeit im Wartezimmer beim Doc.

Wenn wir uns im eigenen Thema bewegen, neigen wir tendenziell eher dazu, zu viel Inhalt in eine Episode zu packen. Oftmals ist der Hörer dann eher überfordert, als dass er wirklich etwas für sich mitnimmt.

Als Faustregel kann man hier nochmal mitnehmen:
Löse pro Episode (nur) ein einziges (Teil)problem deiner Hörer!

 

- Wie oft soll der Podcast erscheinen?

Auch hier gibt es natürlich keine strikten Vorgaben. Ich selber mag den wöchentlichen Intervall, finde aber, dass jeder ehrlich schauen sollte, wie er seine Taktung langfristig ohne Qualitätsverlust (einigermaßen entspannt) beibehalten kann.

Wenn die Intervalle zu groß werden, läuft man natürlich Gefahr, den ein oder anderen Hörer in diesen Phasen zu verlieren.


Wenn man zu Beginn noch unsicher ist, sind „Staffeln“ auch eine gute Option. Man produziert z.B. zwei Monate lang wöchentliche Episoden zu einem Thema und kündigt das Ganze vorerst als Staffel an. Danach kann man sich dann immer noch entscheiden, ob man sich eine Pause gönnt, den wöchentlichen Tonus weiterführt oder einen ganz anderen Rhythmus braucht.

- Müssen Intro und/oder Outro sein?

Ein „Muss“ gibt es hier nicht und am Ende ist alles Geschmackssache. Ich bin kein Fan von übertrieben langen Intros (die am besten schon jede Menge Werbung enthalten). Gerade wenn ich mehrere Episoden am Stück anhöre, kann das ganz schön anstrengend werden.

Trotzdem finde ich, dass ein richtig gut geschnittenes Intro und Outro dem Podcast eine gewisse Professionalität verleihen. Es darf kurz und knackig sein, aber es verleiht den Episoden einfach auch Wiedererkennungswert, bringt Hörer in die richtige Stimmung und ist im Podcast auch Branding.


- Welche Rolle spielt es, den Podcast auf der eigenen Webseite oder auf einem Distributor zu hosten?

Wenn man selbst nicht grade der totale Technik-Freak ist, empfehle ich hier definitiv einen professionellen Hoster. Er erleichtert viele Prozesse ungemein, bietet einen sicheren Platz für alle unsere Daten und unterstützt uns im Falle eines Falles durch ein gutes Support-Team. Auch die Anbindung zu den relevanten Plattformen kann durch einen guten Hoster weitestgehend automatisiert und vereinfacht werden.

 

- Auf welchen Seiten muss man den Podcast sonst noch veröffentlichen?

Es gibt mittlerweile unheimlich viele Plattformen, über die Podcasts gehört werden können. Die beliebtesten Kanäle der deutschen Podcast-Hörer sind dabei nach wie vor „Apple Podcasts“ (ehemals iTunes), Spotify und Deezer. Es spricht natürlich nichts dagegen, auch andere Plattformen mitzunehmen. Der Großteil der Podcast-Apps zieht sich seine Informationen jedoch über Apple Podcasts. Damit deckt man also schon den Löwenanteil der Hörerschaft ab.

Nicht zu unterschätzen ist übrigens auch YouTube. Einige Hoster ermöglichen auch hier die direkte Anbindung. Der Podcast erscheint dann quasi mit dem Podcast-Cover als Standbild im eigenen YouTube Kanal. Ich hätte es vor kurzem selber nicht gedacht, aber es scheinen doch so einige Menschen Podcasts auch über YouTube zu konsumieren. Das Tolle daran ist, dass YouTube ja gleichzeitig eine eigene Suchmaschine ist. Heißt: Unsere Episoden können hier über die Keywords gefunden werden. Eine weitere Möglichkeit also, neue Hörer zu gewinnen.

Wichtig: Nicht vergessen, den Link zum Podcast-Abo in der Beschreibung unterzubringen, um den neuen Hörer auch langfristig als Abonnent zu gewinnen.

 

- Bei Podcasts spielt auch Audio SEO eine Rolle. Bitte erkläre, was damit gemeint ist.

Wenn wir von Menschen gefunden werde möchten, die uns noch nicht kennen, sind wir auf die richtigen Keywords angewiesen. Ich habe es in Bezug auf YouTube schon erwähnt. Und genauso verhält es sich z.B. bei Apple Podcasts: Ich gebe als Hörer in der Suche ein Keyword ein, zu dem ich einen Podcast suche und mir werden Episoden vorgeschlagen, deren Titel dieses Keyword beinhaltet.

Es ist also bei der Wahl des Episoden-Titels (wie bei allen SEO-relevanten Dingen) wichtig, aus der Sicht des Hörers zu denken. Und der sucht nach seinem Problem, nicht nach der Lösung. Er sucht also nicht nach „3 Tipps für einen gesunden Magen“, sondern eher nach „Magenschmerzen“.

Und by the way: Google arbeitet aktuell an Crawlern, die in der Lage sind, Audio-Dateien zu lesen und die Texterkennung in der Google-Suche zu berücksichtigen. Bereits jetzt werden Podcasts schon als Player in den Suchergebnissen angezeigt.

- Manchmal bemerke ich, dass Podcast-Ausschnitte auch auf verschiedenen Social Media-Seiten veröffentlicht werden. Was meinst du dazu?

Ich denke nicht, dass es Sinn machen würde, ganze Podcast-Episoden über Social Media Kanäle zu teilen. Denn hier ist die Aufmerksamkeitsspanne der Follower gering. Allerdings sind sogenannte „Audiogramme“ eine gute Möglichkeit, neue Episoden in der Timeline anzuteasern.


In der Regel werden das Episoden-Cover angezeigt und ein interessanter Ausschnitt von ca. einer Minute abgespielt. Das erregt mehr Aufmerksamkeit, als einfach nur den Link zum Podcast zu posten. Ziel sollte bei allen Marketing-Maßnahmen für den Podcast allerdings immer sein, Abonnenten zu gewinnen. Deshalb auch hier immer den Link zum Podcast-Abo oder der Landingpage direkt dazugeben.

- Welche Tipps hast du sonst noch für Buchautoren, die einen Podcast starten möchten?

Ein Podcast ist kein Hörbuch. :-) Es wäre also nicht unbedingt ratsam, z.B. einfach Kapitel des Buches vorzulesen. Allerdings ist es eine super Themen-Quelle und ein wunderbarer Leitfaden.

Es heißt ja immer so schön: „Ein Text ist nicht vollständig wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ Meist ist es doch aber so, dass wir zu jedem Satz den wir schreiben eigentlich nochmal mindestens 10 Minuten etwas erzählen und ihn weiter ausführen könnten. Genau das passt perfekt in einen Podcast.

Schnappe dir ein bis drei Absätze aus dem Buch und mache sie zu einem eigenen, geschlossenen Episoden-Thema. So, dass für mich als Hörer jede einzelne Episode Mehrwert bietet, ohne dass ich dafür erst alle vorausgegangenen hören müsste. Frage dich bei jeder Episode: Was hat mein Hörer davon, wenn er nur diese eine Folge von mir hört?

Versuche, so frei wie möglich zu sprechen. Werde authentisch und nahbar. Im Podcast wollen wir den Menschen hören und nicht das Gefühl einer Lesung bekommen. Baue dir einen kleinen Leitfaden auf und schaffe dir für den Episoden-Inhalt eine Struktur, die wie folgt aussehen könnte:

1. Intro
2. Wer bin ich (stelle dich kurz in einem Satz vor)
3. Worum wird es in dieser Episode gehen? Was hat mein Hörer davon?
4. Inhalt (Hauptteil)
5. Kurze Zusammenfassung (Was soll der Hörer nun konkret mitnehmen?)
6. Call-to-Action (Lege dich auf einen Link pro Episode fest, wo du deinen Hörer danach gerne hinschicken möchtest. Link zur Website, zum Buch….)

Gib alle wichtigen Links (vor allem natürlich auch den zu deinem Buch) in den sogenannten „Shownotes“ an. Das sind die Links zur jeweiligen Episode, auf die der Hörer direkt in der Beschreibung zugreifen kann.

Und zu guter letzt: Höre dir unbedingt selbst einige verschiedene Podcasts an, falls das für dich noch Neuland ist. So bekommst du ein Gefühl für das Medium und stellst fest, was dir bei anderen Shows gut gefällt und was eben nicht so deins ist. Lass dich inspirieren, um am Ende deinen eigenen Stil zu finden.

 

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